25. Mai 2012 | 20:40 Uhr
Filmemacher Gunther Scholz, Vertreter der ersten Generation Ost, hält die Tour 2012 in einem Dokumentarfilm fest. Er hat schon zahlreiche Spiel- und Dokumentarfilme realisiert und Preise wie den Bayrischen Fernsehpreis für „Als die Mauer fiel – 50 Stunden, die die Welt veränderten“ abgeräumt. Mit Filmperlen wie „Sag mir, wo die Schönen sind“, den er 2008 bei der Berlinale vorstellte, ruft er ein Stück DDR-Alltag in Erinnerung.
Sein Team bei der Tour: An der Kamera Florian Lampersberger, Student an der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg, Projektassistentin Nadja Smith hält die zweite Kamera ins Geschehen und führt Interviews, und für guten Ton wechseln sich Velin Marcone und Matthias Kreitschmann ab.
Themen wie Mauerfall, Wendeerfahrung und die Auswirkung auf Biografien ziehen sich quer durch Deine Filmografie. Was fasziniert Dich daran?
Gerade in den letzten fünf Jahren haben mich diese Themen unter dem Motto „unser zweites Leben“ beschäftigt. Natürlich begreife ich die Wende als großen Schnittpunkt, an dem sich das Leben vieler stark verändert hat. Mich interessiert die Erfahrung, in zwei Systemen gelebt zu haben und nicht zuletzt auch Teil eines bewegten Abschnitts der Geschichte zu sein.
Der Dokumentarfilm zur Tour der 3ten Generation Ost wird mit der Unterstützung der Babelsberger Filmhochschule Konrad Wolf realisiert. Was verbindet Dich mit der Hochschule und Babelsberg?
Ich bin selbst Absolvent, 1971 habe ich dort mein Regie-Diplom abgelegt. Schon mit 17, nach einer Lehre als Schriftsetzer, wusste ich, dass ich Filme machen will. 1978 habe ich dann als Regisseur bei der DEFA endlich meinen ersten Langspielfilm gedreht, sechs waren es insgesamt. Wir waren staatlich angestellt, konnten aber nur alle zwei bis drei Jahre einen Film drehen, die DEFA machte pro Jahr nur 17 oder 18 Filme und wir waren 42 Regisseure. Das war mir natürlich zu wenig, also habe ich begonnen, mir zwischendrin Dokumentarfilme zu organisieren. Das hat sich später ausgezahlt – seit 1996 mache ich nur noch Dokumentarfilme.
Hast Du als Filmemacher in der DDR Zensur und Reglementierungen auch inhaltlich zu spüren bekommen?
Wir wollten mitwirken, verbessern und verändern, und haben versucht, auch kritische Sichten auf die Leinwand zu bringen, wenngleich auch in wesentlich bescheidenerem Rahmen als unsere polnischen oder tschechischen Kollegen. Die waren viel radikaler. Wenn man aber einen Film macht und viel Energie reinsteckt, will man natürlich auch, dass er aufgeführt wird. Gleichzeitig bestand diese Abhängigkeit vom Geldgeber, dem Staat. Es gab regelmäßig kontroverse Diskussionen, teilweise um lächerliche Kleinigkeiten. Die Frage „Kriege ich meinen Film durch?“ schwang immer mit und dadurch eine gewisse Selbstzensur, die „Schere im Kopf“, wie es so schön heißt.
Worauf freust Du Dich am meisten bei der Tour?
Ich bin sehr auf den Crashtest mit der ostdeutschen Wirklichkeit gespannt, deswegen interessiert mich das Marktplatz-Format besonders, bei dem die 3te Generation Ost sich an öffentlichen Orten vorstellt und mit Leuten ins Gespräch kommen will. Wird das funktionieren? Was wird passieren? Das gilt genauso für den Film: Man weiß vorher nicht, was tatsächlich passiert und wie der Film am Ende aussehen wird. Aber ich bin sicher, dass viel spannendes Material entsteht und freue mich auf die gemeinsame Zeit mit der Bustour-Truppe.
Illustration: Alexander Fromm, Interview: Sabine Weier